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Direktoren des Ständigen Interinstitutionellen Ausschusses: Zivilist:innen in Gaza in Gefahr, während die Welt zusieht: Zehn Forderungen zur Vermeidung einer noch größeren Katastrophe

New York/Genf/Rom, 21. Februar – In weniger als fünf Monaten nach den brutalen Angriffen vom 7. Oktober und der anschließenden Eskalation sind im Gazastreifen Zehntausende von Palästinensern - meist Frauen und Kinder - getötet und verletzt worden. Mehr als drei Viertel der Bevölkerung wurden aus ihren Häusern vertrieben, viele von ihnen mehrfach, und sind mit einem gravierenden Mangel an Nahrungsmitteln, Wasser, sanitären Einrichtungen und medizinischer Versorgung konfrontiert - also mit dem, was sie zum Überleben brauchen. 

Das Gesundheitssystem wird weiterhin systematisch beschädigt, mit katastrophalen Folgen. Am 19. Februar waren nur noch 12 von 36 Krankenhäusern mit stationären Kapazitäten in Betrieb, und das auch nur teilweise. Seit dem 7. Oktober gab es mehr als 370 Angriffe auf die medizinische Infrastruktur in Gaza.

Krankheiten breiten sich aus. Es droht eine Hungersnot. Das Wasser rinnt nur noch. Die Basisinfrastruktur wurde dezimiert. Die Nahrungsmittelproduktion ist zum Stillstand gekommen. Krankenhäuser haben sich in Schlachtfelder verwandelt. Eine Million Kinder sind täglich mit Traumata konfrontiert. 

Rafah, das derzeitige Ziel von weit über einer Million vertriebener, hungernder und traumatisierter Menschen, die auf einem kleinen Stück Land zusammengedrängt sind, ist zu einem weiteren Schlachtfeld in diesem brutalen Konflikt geworden. Eine weitere Eskalation der Gewalt in diesem dicht besiedelten Gebiet würde zu einer Vielzahl von Opfern führen. Sie könnte auch den Todesstoß für die humanitäre Hilfe bedeuten, die ohnehin schon in die Knie gegangen ist.

Es gibt keinen sicheren Ort in Gaza.

Die humanitären Helfer:innen, die selbst vertrieben wurden und mit Beschuss, Tod, Bewegungseinschränkungen und einem Zusammenbruch der gesellschaftlichen Ordnung konfrontiert sind, setzen ihre Bemühungen um die Versorgung der Bedürftigen fort. Aber angesichts der vielen Hindernisse - einschließlich der Sicherheits- und Bewegungsbeschränkungen - können sie nur sehr wenig tun.

Keine noch so große humanitäre Hilfe kann die monatelangen Entbehrungen wettmachen, die die Familien in Gaza ertragen mussten. Dies ist unser Versuch, die humanitäre Aktion zu retten, damit wir zumindest das Nötigste bereitstellen können: Medikamente, Trinkwasser, Lebensmittel und Unterkünfte, jetzt wo die Temperaturen sinken.

Dafür brauchen wir:

  1. Einen sofortigen Waffenstillstand.
  2. Die Zivilbevölkerung und die Infrastruktur, auf die sie angewiesen ist, muss geschützt werden.
  3. Die Geiseln müssen sofort freigelassen werden.
  4. Zuverlässige Zugangspunkte, die es uns ermöglichen, Hilfsgüter von allen möglichen Grenzübergängen aus zu bringen, auch in den nördlichen Gazastreifen. 
  5. Sicherheitsgarantien und ungehinderter Durchgang, um die Hilfe in großem Umfang im Gazastreifen zu verteilen, ohne Verweigerungen, Verzögerungen und Zugangsbeschränkungen.
  6. Ein funktionierendes humanitäres Meldesystem, das es allen humanitären Helfern und Hilfsgütern ermöglicht, sich innerhalb des Gazastreifens zu bewegen und Hilfsgüter sicher zu liefern.
  7. Befahrbare Straßen und von Sprengkörpern geräumte Stadtviertel.
  8. Ein stabiles Kommunikationsnetz, das es den humanitären Helfern ermöglicht, sich sicher und geschützt zu bewegen. 
  9. Das UNRWA[1], das Rückgrat der humanitären Maßnahmen im Gazastreifen, muss die Mittel erhalten, die es braucht, um lebensrettende Hilfe zu leisten.
  10. Ein Ende der Kampagnen, die versuchen, die Vereinten Nationen und Nichtregierungsorganisationen, die ihr Bestes tun, um Leben zu retten, zu diskreditieren.

Trotz der Risiken engagieren sich die humanitären Organisationen weiterhin. Aber sie können nicht mit dem Scherbenhaufen allein gelassen werden.

Wir fordern Israel auf, seiner gesetzlichen Verpflichtung gemäß dem humanitären Völkerrecht und den Menschenrechten nachzukommen, Nahrungsmittel und medizinische Hilfsgüter zu liefern und Hilfsmaßnahmen zu erleichtern. Wir fordern die führenden Staats- und Regierungschefs der Welt auf, eine noch schlimmere Katastrophe zu verhindern.

Unterzeichner:innen:

  • Martin Griffiths, Unter-Generalsekretär für humanitäre Angelegenheiten, Leiter des OCHA und UN-Nothilfekoordinator 
  • Sofia Sprechmann Sineiro, Generalsekretärin, CARE International
  • Dr. Qu Dongyu, Generaldirektor, Welternährungsorganisation (FAO)
  • Jane Backhurst, Vorsitzende, ICVA (Christian Aid)  
  • Jamie Munn, Geschäftsführender Direktor, International Council of Voluntary Agencies (ICVA)   
  • Tom Hart, Vorstandsvorsitzender und Präsident, InterAction
  • Amy E. Pope, Generaldirektorin, Internationale Organisation für Migration (IOM)  
  • Tjada D’Oyen McKenna, Vorstandsvorsitzende, Mercy Corps
  • Volker Türk, Hochkommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte (OHCHR
  • Janti Soeripto, Vorstandsvorsitzende und Präsidentin, Save the Children
  • Paula Gaviria Betancur, Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für die Menschenrechte von Binnenvertriebenen (SR on HR of IDPs
  • Achim Steiner, Leiter, Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP)  
  • Dr. Natalia Kanem, Direktorin, Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA
  • Filippo Grandi, Hochkommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR)  
  • Michal Mlynár, Direktor a.i., Programm der Vereinten Nationen für menschliche Siedlungen (UN-Habitat)  
  • Catherine Russell, leitende Direktorin, UN-Kinderhilfswerk (UNICEF
  • Sima Bahous, Untergeneralsekretärin und leitende Direktorin, UN Women  
  • Cindy McCain, leitende Direktorin, Welternährungsprogramm (WFP
  • Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus, Generaldirektor, Weltgesundheitsorganisation (WHO

[1]  Das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) unterstützt diese Erklärung nachdrücklich.