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Einer von drei Todesfällen unter Migrant:innen auf der Flucht vor Konflikten: IOM-Bericht

Die Identität derjenigen, die ihr Leben verloren haben, bleibt weitgehend unbekannt. Foto: Eva Sibanda/IOM Dschibuti 2023

 

Genf/Berlin, 26. März - Anlässlich des zehnjährigen Bestehens des "Missing Migrants" Projekts der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zeigt ein neuer Bericht alarmierende Trends beim Tod und Verschwinden von Migrant:innen in den letzten zehn Jahren auf.

Mehr als ein Drittel der verstorbenen Migrant:innen, deren Herkunftsland ermittelt werden konnte, stammen aus Ländern, die sich in einem Konflikt befinden oder in denen es eine große Anzahl von Geflüchteten gibt.

Die Informationen über die Identität der vermissten Migrant:innen sind jedoch äußerst unvollständig. Zu den wichtigsten Erkenntnissen des Berichts gehört die hohe Zahl der nicht identifizierten Todesfälle. Mehr als zwei Drittel der Migrant:innen, deren Tod dokumentiert wurde, konnten nicht identifiziert werden, so dass Familien und Gemeinden mit dem unklaren Verlust ihrer Angehörigen zu kämpfen haben. Dies unterstreicht die Notwendigkeit einer besser koordinierten Datenerfassung und Identifizierungsprozesse, um den betroffenen Familien einen Abschluss zu ermöglichen.

"Trotz der vielen Toten, deren Identität unbekannt bleibt, wissen wir, dass in den letzten zehn Jahren fast 5.500 Frauen auf den Migrationsrouten umgekommen sind und die Zahl der identifizierten Kinder fast 3.500 beträgt", sagte Ugochi Daniels, stellvertretende Generaldirektorin der IOM für Operationen. "Der Tribut, den die gefährdeten Bevölkerungsgruppen und ihre Familien zahlen müssen, drängt uns dazu, die Aufmerksamkeit auf die Daten in konkrete Maßnahmen zu verwandeln."

Der Bericht A decade of Documenting Migrant Deaths (Ein Jahrzehnt der Dokumentation von Todesfällen unter Migrant:innen) blickt auf die letzten zehn Jahre zurück. In diesem Zeitraum wurden mehr als 64.000 Todesfälle und das Verschwinden von Menschen während der Migration dokumentiert - und im Jahr 2023 wurden mehr Todesfälle registriert als in jedem Jahr zuvor. Diese Zahlen belegen die dringende Notwendigkeit, die Such- und Rettungskapazitäten zu stärken, sichere und reguläre Migrationswege zu erleichtern und evidenzbasierte Maßnahmen zu ergreifen, um weitere Todesfälle zu verhindern. Die Maßnahmen sollten auch eine verstärkte internationale Zusammenarbeit gegen skrupellose Schleuser- und Menschenhandelsnetzwerke umfassen.

Als das Projekt "Missing Migrants" der IOM im Jahr 2014 begann, wurden Informationen fast ausschließlich aus Nachrichtenartikeln in einer einfachen Tabelle gesammelt. Zehn Jahre später hat sich die Datenerfassung dramatisch verbessert, die Realität für Migrant:innen, die gezwungen sind, gefährliche Routen zu nehmen, jedoch nicht.

Heute ist das Missing Migrants Projekt die einzige globale, frei zugängliche Datenbank über den Tod und das Verschwinden von Migrant:innen, in der Informationen aus einer Vielzahl von Quellen gesammelt werden, darunter SchlüsselinformantInnen von Regierungen, UN-Beamten und Organisationen der Zivilgesellschaft.

Ertrinken ist die häufigste Todesursache: Fast 60 Prozent der dokumentierten Todesfälle während der Migration sind auf Ertrinken zurückzuführen, wobei allein im Mittelmeer mehr als 28.000 Todesfälle zu verzeichnen sind. Der Bericht betont die Notwendigkeit, die Such- und Rettungskapazitäten zu verbessern, um Leben auf See zu retten, und unterstreicht die Bedeutung der Zusammenarbeit mit Regierungen, um sicherere Migrationsrouten zu ermöglichen.

Unzureichende Berichterstattung über Todesfälle von Migrant:innen: Die mehr als 64.000 Todesfälle und das Verschwinden von Menschen während der Migration in den letzten zehn Jahren sind wahrscheinlich nur ein Bruchteil der tatsächlichen Zahl der Todesopfer weltweit. Der Bericht unterstreicht die Notwendigkeit einer verbesserten Datenerfassung, um das Ausmaß des Problems genau zu erfassen und die umfassenderen Herausforderungen der unsicheren Migration anzugehen. Es gibt mehr als 37.000 Tote, für die keine Angaben zu Geschlecht oder Alter vorliegen, was darauf hindeutet, dass die tatsächliche Zahl der Todesopfer unter Frauen und Kindern wahrscheinlich weitaus höher ist.

Steigende Zahl von Todesfällen: Trotz politischer Zusagen und medialer Aufmerksamkeit steigt die Zahl der Todesopfer unter den Migrant:innen. 2023 wurde mit über 8.500 Toten die höchste jährliche Todesrate aller Zeiten verzeichnet. Im Jahr 2024 sind die Trends nicht weniger alarmierend. Allein im Mittelmeerraum ist die Zahl der Ankünfte in diesem Jahr zwar deutlich geringer (16.818) als im gleichen Zeitraum 2023 (26.984), die Zahl der Todesfälle ist jedoch fast genauso hoch wie im Vorjahr.

Erhöhte politische Aufmerksamkeit: Eine wachsende Zahl globaler, regionaler und nationaler Initiativen und Instrumente setzt sich für Maßnahmen gegen vermisste Migrant:innen ein. Die Daten des Missing Migrants Projekts werden als Maßstab für den (mangelnden) Fortschritt bei der Verwirklichung des Ziels der SDG-Agenda für sichere Migration herangezogen. Die Fortschrittserklärung 2022 des UN-Generalsekretärs zum Globalen Pakt für sichere, geordnete und reguläre Migration unterstreicht die entscheidende Rolle der Regierungen bei der Verhinderung des Todes von Migrant:innen und fordert umsetzbare Empfehlungen zur Verbesserung der internationalen Koordination und humanitären Hilfe. Diese Empfehlungen, die im Jahr 2024 veröffentlicht werden sollen, werden einen globalen Fahrplan für die Bewältigung der anhaltenden Krise darstellen.

Der neue Strategieplan 2024-2028 der IOM hebt die Rettung von Leben und den Schutz von Menschen auf der Flucht als oberstes Ziel hervor, aber wir können dies nicht allein tun. Wir rufen die Staaten und andere Partner auf, sich unserer Arbeit anzuschließen, um dem Tod von Migrant:innen ein Ende zu setzen und die Auswirkungen der Zehntausenden von Toten auf den Migrationsrouten weltweit zu bekämpfen.

Der vollständige Bericht steht hier zum Download bereit. Der Bericht enthält auch einen Datenanhang mit den wichtigsten Zahlen für den Zeitraum 2014-2023, der hier verfügbar ist.

Pressekonferenz: Am Dienstag, den 26. März (14.00 Uhr MEZ), veranstaltet das Global Data Institute der IOM sein erstes vierteljährliches Medienbriefing mit dem Schwerpunkt auf dem Bericht des Missing Migrants Projekts. JournalistInnen sind eingeladen, sich hier zu registrieren.

Für weitere Informationen kontaktieren Sie bitte:

Jorge Galindo, IOM Global Data Institute,Tel: +4915226216775, Email: jgalindo@iom.int