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IOM-Harvard-Bericht: Mehr als die Hälfte der Opfer des Kinderhandels werden innerhalb ihres eigenen Landes verschleppt

Immer mehr Kinder werden durch ausbeuterische und diskriminierende Praktiken zu Opfern vom Menschenhandel. Foto: IOM

Genf/ Washington – Laut einem neuen Bericht der Internationalen Organisation für Migration (IOM) und des François-Xavier Bagnoud Center for Health and Human Rights an der Harvard University (FXB) werden mehr als die Hälfte der Opfer des Kinderhandels innerhalb ihres eigenen Landes verschleppt. Aus dem Bericht geht ferner hervor, dass in Fällen von internationalem Menschenhandel die Kinder meist in  wohlhabendere Nachbarländer verschleppt werden.

Trotz erheblicher Anstrengungen ist die Zahl der Kinder, die weiterhin Opfer von Menschenhändlern werden, nach wie vor hoch. Dies ist vor allem auf ungerechte soziale, wirtschaftliche, ökologische und politische Faktoren zurückzuführen, die ausbeuterische und diskriminierende Praktiken begünstigen. Nahezu die Hälfte der Kinder, die Opfer von Menschenhändlern wurden, wurden zur Zwangsarbeit gezwungen (hauptsächlich Jungen), und zwar in einem breiten Spektrum von Branchen wie Hausarbeit, Bettelarbeit und Landwirtschaft. Sexuelle Ausbeutung, unter anderem durch Prostitution, Pornografie und sexuelle Sklaverei, ist ebenfalls weit verbreitet und betrifft 20 Prozent der Opfer des Kinderhandels, vor allem Mädchen.

Dem Bericht "From Evidence to Action: Twenty Years of IOM Child Trafficking Data to Inform Policy and Programming" zufolge wurden Kinder zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung in der Regel international verschleppt. Diejenigen, die zum Zwecke der Zwangsarbeit verschleppt wurden, fallen meist im Inland dem Menschenhandel zum Opfer. Die Einbeziehung von Familie und Freunden in die Anwerbung ist ein auffälliger Trend, der bei mehr als der Hälfte der minderjährigen Opfer zu beobachten ist.

"Der Bericht zeigt, dass Kinderhandel ein vielschichtiges und komplexes Phänomen ist, das sich innerhalb und über Grenzen hinweg weiter ausbreitet und entwickelt. Alle Altersgruppen, Geschlechter und Nationalitäten sind betroffen; der Menschenhandel ist in der Tat ein globales Phänomen", sagt Irina Todorova, Leiterin der IOM Core Protection Unit.

Um wirksam gegen Kinderhandel vorgehen zu können, sind aktuelle und zuverlässige Daten erforderlich, die eine empirische Grundlage für Politik und Programmplanung bilden. Derzeit gibt es nur wenige verwertbare Daten, und die Opfer des Kinderhandels sind aus einer Vielzahl von Gründen mit herkömmlichen Erhebungen nur schwer zu erreichen.

Der Bericht, der erste seiner Art, basiert auf der Analyse umfangreicher, weltweit gesammelter Daten unter Verwendung der IOM Victims of Trafficking Database (VoTD). Die VoTD ist die größte verfügbare internationale Datenbank individueller Opfer des Menschenhandels. Es enthält die Primärdaten von etwa 69.000 Opfern des Menschenhandels aus 156 Ländern, die in 186 Ländern verschleppt wurden. Sie haben sich bei der IOM in 113 Ländern, in denen die Organisation tätig ist, registriert. 18,3 Prozent der Opfer vom Menschenhandel in der Datenbank waren Kinder.

Die Studie untersuchte die Faktoren, die für die Anfälligkeit für Menschenhandel ausschlaggebend sind. Sie zeigte, dass die Tendenzen für den Menschenhandel hauptsächlich geschlechtsspezifisch sind und vom Bildungs- und Einkommensniveau der Opfer (und ihrer Familien) abhängen.  So war die Wahrscheinlichkeit, als Kind Opfer von Menschenhandel zu werden, bei Jungen fast doppelt so hoch wie bei Mädchen, und die Wahrscheinlichkeit, international verschleppt zu werden, war im Vergleich zu Mädchen um 39 % geringer als im Inland. Bei Opfern mit geringer oder gar keiner Schulbildung war die Wahrscheinlichkeit, Opfer des Menschenhandels zu werden, mehr als 20 Mal höher als bei Opfern, die eine höhere Schule besucht hatten. Ferner war bei Kindern aus Ländern mit niedrigem Einkommen die Wahrscheinlichkeit, als Kind (und nicht als Erwachsener) Opfer des Menschenhandels zu werden, fünf Mal höher als bei Opfern aus Ländern mit hohem Einkommen.

Der Bericht trägt zum Verständnis der Dynamiken und der Ursachen des Kinderhandels bei und konzentriert sich auf die Gefahren und Menschenrechtsverletzungen, die im gesamten Prozess des Kinderhandels auftreten.

"Es war nie dringender als jetzt, unsere Bemühungen zu verstärken und sicherzustellen, dass die Beseitigung des Menschenhandels international weiterhin eine Priorität bleibt. Es müssen Maßnahmen erfolgen, die auf den Kontext des jeweiligen Landes und auf die komplexe Schnittstelle individueller, gemeinschaftlicher und sozialer Faktoren, die sich auf Kinder auswirken, zugeschnitten sind", fordert Monica Goracci, Direktorin der Abteilung für Programmunterstützung und Migrationsmanagement der IOM.

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Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an: 

IOM: Kennedy Okoth, kokoth@iom.int  

Harvard: Danai Macridi, danaiprado@hsph.harvard.edu